Pressemitteilung
Fürth, den 15. April 2025
Religionsgemeinschaften in Bayern im Zeitverlauf
Aktuelle Entwicklungen zwischen gesellschaftlichen Wandel und Tradition
Einblicke in regionale und demographische Muster: Die aktuellen Zensusergebnisse geben Einblicke in die religiöse Vielfalt Bayerns und spiegeln im Vergleich mit dem Zensus 2011 die gesellschaftlichen Entwicklungen des vergangenen Jahrzehnts wider. Die Zensusergebnisse zeigen auf, wie sich die Mitgliederzahlen in Bayern in den beiden Großkirchen und in den kleineren öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften verändert haben. Sie belegen, dass die Kirchen trotz rückläufigen Mitgliederzahlen eine bedeutende und aktive Rolle in der bayerischen Gesellschaft halten – von zentralen Lebensereignissen bis in den Alltag.
Fürth. In der Pressekonferenz präsentierten Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sowie der Präsident des Bayerischen Landesamts für Statistik, Dr. Thomas Gößl, am 15. April 2025 statistische Daten zu den Religionsgemeinschaften in Bayern. Die Zahlen geben einen umfassenden Einblick in aktuelle Entwicklungen bei den Religionsgemeinschaften und liefern Zeitreihen zum kirchlichen Leben, wie Taufen und Beerdigungen.
Religionszugehörigkeit in Bayern
Bayern ist in den letzten Jahrzehnten durch Zuwanderung religiös und kulturell vielfältiger geworden. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Mitglieder in der römisch-katholischen und evangelischen Kirche kontinuierlich. Das spiegelt sich in den Ergebnissen der letzten Zensus-Erhebungen wider: gehörten 2011 noch drei von vier Personen in Bayern einer der beiden großen Kirchen an, waren es 2022 noch etwas über 60 Prozent. Die detaillierte Analyse zeigt, dass die Zahl der Kirchenmitglieder trotz jährlichen Zuwächsen von durchschnittlich 73 000 Personen durch Taufen, Übertritte und Wiedereintritte insgesamt abnimmt. Bereits die Zahl der kirchlichen Beerdigungen und damit der Sterbefälle führt zu einem negativen Saldo, der durch zusätzliche Kirchenaustritte noch verstärkt wird.
Religiöse Vielfalt inner- und außerhalb der amtlichen Statistik
Neben den über acht Mio. Angehörigen der beiden großen christlichen Kirchen werden auch Mitglieder weiterer öffentlich-rechtlicher Religionsgesellschaften in der amtlichen Statistik erfasst. Dazu gehören beispielsweise die Altkatholiken, die neuapostolische Kirche, Freikirchen, die Zeugen Jehovas sowie jüdische Gemeinden und orthodoxe Kirchen1). Ihr Anteil an der Bevölkerung liegt laut den Ergebnissen des Zensus 2022 bei etwa einem Prozent. Zwei der größeren Gruppierungen stellen die orthodoxen Kirchen mit rund 116 000 Mitgliedern sowie die jüdischen Gemeinden mit rund 11 000 Mitgliedern. Ihre Mitglieder sind besonders stark in den Großstädten München, Nürnberg und Augsburg vertreten. Aber auch in kleineren Städten gibt es jüdische Gemeinden, wie beispielsweise in Fürth, das als bedeutender Ort jüdischen Lebens in Franken galt und diese Tradition mit rund zwei Prozent der jüdischen Gemeindeangehörigen in Bayern heute fortführt. Bei den Angehörigen der orthodoxen Kirchen zeigt sich hingegen eine größere Verteilung auch in ländlichen Regionen.
Eine Besonderheit der Zensusergebnisse – im Gegensatz zu anderen Datengrundlagen – ist, dass sie noch tiefere Einblicke in die demographische Zusammensetzung liefern, so zum Beispiel zum Alter: Während zum Stichtag des Zensus am 15. Mai 2022 die Mitglieder der beiden Großkirchen durchschnittlich 46,1 (evangelisch) bzw. 46,2 Jahre alt waren (römisch-katholisch), sind Mitglieder der jüdischen Gemeinden mit durchschnittlich 58,6 Jahren wesentlich älter, wohingegen Angehörige der orthodoxen Kirchen merklich jünger sind mit einem Durchschnittsalter von 34,2 Jahren.
Daneben gibt es im Freistaat aber auch über fünf Mio. Personen, die einer anderen oder keiner Religionsgemeinschaft angehörig sind. Über sie liegen in der amtlichen Statistik nur wenige Informationen zur Religion oder zum Bekenntnis vor. Einen wichtigen Teil dieser Gruppe bilden Menschen muslimischen Glaubens. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schätzt deswegen regelmäßig die Zahl der muslimischen Religionsangehörigen, zuletzt in der Studie „Muslimisches Leben in Deutschland 2020“. Für Bayern liegt die so ermittelte Zahl für das Jahr 2019 zwischen 621 000 und 656 000 Personen – 4,8 bis 5,1 Prozent der Bevölkerung.
Kirchliches Leben in Bayern
Die Zahlen zum kirchlichen Leben in Bayern, die vom Landesamt jährlich für das Statistische Jahrbuch bei beiden Großkirchen erhoben werden, zeigen: seit 2011 entschied sich mit etwa 70 Prozent ein Großteil der Bevölkerung für eine kirchliche Beisetzung. Für mehr als jede vierte Zivilehe wurde außerdem im beobachteten Zeitraum auch die kirchliche Ehe geschlossen. Als Träger zahlreicher Einrichtungen wie etwa der Caritas und der Diakonie leisten die Kirchen darüber hinaus einen unverzichtbaren Beitrag zur Betreuung von Kindern, Senioren und hilfsbedürftigen Menschen.
Hinweise:
1) Unter der orthodoxen Kirche werden die Mitglieder der griechisch-orthodoxen, der russisch-orthodoxen und der rumänisch-orthodoxen Kirchen zusammengefasst. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche wird in den Melderegistern noch nicht ausgewiesen.
Weitere Informationen zum Zensus 2022 finden Sie auf der des Bayerischen Landesamts für Statistik unter: https://www.statistik.bayern.de/statistik/zensus/index.html.
Die Ergebnisse des Zensus 2011 und des Zensus 2022 zur Religionszugehörigkeit auf allen administrativen Ebenen stehen in der Zensusdatenbank der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder kostenfrei zur Verfügung. Gitterdaten zum Download für geografische Informationssysteme (GIS) zur Religionszugehörigkeit für den Zensus 2022 stehen ebenfalls zur Nutzung bereit. Bitte beachten Sie die Hinweise zur freien Nutzung der Daten. Gitter-Daten zu Religion und weiteren Merkmalen finden Sie unter: https://www.zensus2022.de/DE/Aktuelles/Hinweis_Zensusatlas.html?nn=352788#_ekztknv2m.
Weitere Informationen zur Religionszugehörigkeit in Bayern finden Sie im Statistischen Jahrbuch 2024 für Bayern 2024. Es kann als Druckversion für 39,- Euro sowie als PDF (DVD oder Datei) für 12,- Euro beim Vertrieb des Bayerischen Landesamts für Statistik bestellt werden (Buch und DVD zusammen: 46,- Euro). Bestellungen sind möglich per E-Mail (vertrieb@statistik.bayern.de) oder per Telefon (0911 98208-6311). Das Jahrbuch ist kostenfrei abrufbar unter: www.statistik.bayern.de/produkte/jahrbuch.
Die Studie „Muslimisches Leben in Deutschland 2020“ wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz (DIK) durchgeführt. Nähere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie unter: https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Forschung/Forschungsberichte/fb38-muslimisches-leben.html?nn=734582.

